Lexikon
Das Lexikon des Schützenwesen erklärt Begriffe und Besonderheiten der rheinischen Tradition. Wenn Sie auch Erklärungen und Anekdoten rund um das Schützenwesen kennen, so senden Sie uns bitte Ihren Beitrag zum Lexikon per E-Mail zu.
Woher haben Schützenvereine Ihren Ursprung ?
Die Schützenvereine oder Schützenbruderschaften haben ihren Ursprung im Mittelalter. Sie bildeten sich, um im Zusammenleben christlicher Gemeinschaft in religiöser und sozialer Weise füreinander tätig zu sein. Das Schützenbrauchtum ist fest verwurzelt in der Tradition unserer Väter und Großväter.
In welcher Region ist das Schützenwesen am weitesten verbreitet ?
Hier am linken Niederrhein und vor allem im Kreis Neuss hat sich die Tradition der Schützenfeste am lebendigsten behauptet: mehr als hundert Feste werden alljährlich zwischen Mai und Oktober bei uns gefeiert. Dabei sind Heimatbewußtsein auf der einen und Weltoffenheit auf der anderen Seite keine Gegensätze, sondern ganz eng miteinander verknüpft .Nur wer seinen eigenen Standort kennt, kann sich für die drängenden Probleme unserer Zeit öffnen.
Wie lange gibt es die St. Sebastianus Bruderschaft in Lank-Latum?
Die St. Sebastianus Schützenbruderschaft Lank-Latum besteht seit 1475 und feierte im Jahr 2000 ihr 525-jähriges Bestehen.
Welche Ziele hat eine Bruderschaft?
Glaube, Sitte, Heimat - das sind auch heute aktuelle Ziele der Bruderschaft, sie bilden das solide Fundament der Bruderschaft, deren Werte auch im Jahr 2020 noch so aktuell sind wie vor 545 Jahren.
Gibt es Frauen in der Bruderschaft, und wenn ja, welche Rolle spielen Sie?
Ja, es gibt heute schon Frauen un der Bruderschaft, der Bundesspielmannszug leistet hier moderne Arbeit."Mit der Veränderung der Rolle der Frau in der Gesellschaft werden wir auch die Rolle der Frau in der Bruderschaft neu überlegen müssen."(Zitat des ehemaligen 1. Brudermeister's Benn Davids).
Was versteht man unter einer lebendigen Bruderschaft?
Nicht Marschmusik, Uniformen, Bier trinken und das reichlich ...!
Über 525 Jahre hinweg haben Männer mit ihren Familien Selbsthilfe für ihren Lebensbereich, ihren Ort organisiert. Gelegenheiten gab es genug, Gefahren und Plagen entgegen zu treten. Nicht immer galt es, durchziehenden, plündernden Soldaten ein Schnippchen zu schlagen. Auch Pestzeiten wiederholten sich - Gott sei Dank nicht regelmäßig. Immer gab es Anlässe zu nachbarschaftlicher Hilfe. Hand anlegen, im richtigen Moment zur Stelle und bereit zum Teilen zu sein, das schaffte ein Gefühl der Sicherheit, ein Gefühl, fest eingebunden zu sein in eine überschaubare Lebensgemeinschaft. Diese Bindung vermittelt heute noch die Bruderschaft, deren Kompanien das Grundgefüge der Gemeinschaft darstellen. So wird im Freundeskreis miteinander gefeiert und gearbeitet. Jeder bringt sich mit seinen Fähigkeiten und Möglichkeiten ein. Auf diese Weise gelingen Arbeiten, die sonst nur zeitaufwendig und belastend machbar wären. Freizeiten für die Kinder der Kompanie gehören genauso dazu, wie die Brauchtumspflege, z. B. der Nikolausbesuch, Karnevals- und Sommerfeste ... Aktive Hilfe reicht bei Bedarf bis in Kindergarten oder Schule.
Der Blick geht über die Grenzen der Kompanie hinaus. Bis 1991 - der Saal Rademacher wurde stillgelegt - richteten die Alten Schützen einen Kostümball am Rosenmontag aus. Der Erlös floß der Kinder- und Jugendpflege zu. Wenn die Marine-Kompanie ihr Fußballturnier für Schützen- und Vereinsmannschaften ausrichtet, ist der ganze Ort geladen und genießt fröhliche, familiäre Atmosphäre. Zum Pfarrfest packen alle mit an. Eine Reihe von Aufgaben liegen verläßlich in den Händen der Schützen. Hier zeigt sich, wie gut verzahnt mit anderen Vereinen und Gruppierungen Zusammenarbeit gelingt. Ein Beispiel für gemeinsame Arbeit ist das Martinsfest. Zusammen mit der Feuerwehr helfen Schützen, die Züge zu ordnen und sicher zu geleiten. Seit 35 Jahren gestalten die Grünen Husaren den Wagen des Prinzenpaares im Kinderkarneval. Dazu gehört nicht nur die Vorbereitung, sondern auch die Nacharbeit.
Schützen und Gäste sind auch großzügig, wenn es um Geldspenden geht. Seit Jahren verzichten die Königshäuser auf Blumen und bitten stattdessen um Spenden für einen sozialen Zweck. Etliches kam so der Kinderkrebshilfe zugute. Dieser Intention schloß sich das Offizierskorps an. Beim Galaball des Schützenfestes wird den Gästen ein Sparschwein vorgehalten mit der Bitte, für die Benachteiligten unserer Gesellschaft zu spenden.Steigende Mitgliederzahlen lassen erkennen: Bruderschaft ist lebendig.
Was hat es mit dem Maifest auf sich?
Schützenfest und Vogelschießen sind seit jeher die Hauptveranstaltungen einer jeden Schützenbruderschaft. Zwischen diesen Festen gedeiht Schützenwesen oft im Verborgenen. Nicht so , in Lank-Latum, das Maifest der Schützenbruderschaft findet Anfang Mai statt.
Und wenn man im Rheinland bei einmaliger Wiederholung eines Festes oftmals schon von »Tradition« spricht, kann man dem Maifest fast schon das Attribut »seit Menschengedenken« angedeihen lassen. Hervorgegangen aus dem ehemaligen musikalischen »Frühschoppen« hat sich das Maifest in den letzten Jahren zu einem wahren Publikumsmagnet entwickelt. Böse Zungen behaupten, es wäre schon fast ein kleines Schützenfest. Bunte Wimpel und Fahnen schmücken den Platz rund um den mächtigen Maibaum; herausgeputzte Schützen ziehen zu Marschmusik auf; die Straßen sind gesäumt von unzähligen Zuschauern; Bratwurst mit Pommes, eine Cocktailbar lädt zum Verweilen ein, und alles untermalt von einem zünftigen Platzkonzert.
Das wichtigste beim Maifest ist jedoch die Kommunikation. Nicht per Handy oder E-Mail, sondern unter freiem Himmel, hautnah von Mensch zu Mensch. Jede Mitbürgerin und jeder Mitbürger ist dazu eingeladen. Ein großes, gelungenes Fest ist für uns Schützen die größte Anerkennung. Ohne ein solches Maifest wäre unser Ort ärmer.
Die Barrikadenkämpfe haben in der Lank-Latumer St.Sebastianus Schützenbruderschaft eine lange Tradition.
Sie berufen sich auf ein Ereignis aus dem Jahre 1608. Damals wurde die Fronleichnamsprozessesion von 20 Söldnern des protestantischen Grafen von Moers überfallen. Der Angriff wurde jedoch vereitelt und die Angreifer in die Flucht geschlagen.
Heute wird nicht mehr die Prozession angehalten, sondern der alle 2 Jahre durch Lank-Latum führende Schützenzug. Es kämpfen nicht mehr 2 Konfessionen gegeneinander, sondern die Freischar 1608 Latum gegen die übrigen königstreuen Schützenbrüder. Die Freischar verwehrt dem König seinen Zug über den Kaldenberg im Herzen Latums. Nach heftigen Wortgefechten am Sonntag morgen während der Königsparade am Lanker Marktplatz, verhärten sich die Fronten zwischen Freischarhauptmann und Schützenkönig in der Regel so hart, daß der Kaldenberg zum Schützenumzug von der Freischhar mit 3 Barrikaden versperrt wird.
Das nachfolgende Schauspiel ist eines der Höhepunkte des rheinischen Schützenbrauchtums.
Während der Kampfhandlungen sind die Rebellen der Freischar mit an Stöcken gebundenen Brennesseln bewaffnet, während die Königstreuen sich jedes Schützenfest neue Geheimwaffen einfallen lassen um die Barrikaden zu stürmen. Trotz des großen moralischen Rückhalts insbesondere der Latumer Bevölkerung, gelingt es den Königstreuen - um dem historischen Vorbild treu zu bleiben - bei jedem Schützenfest die Barrikaden zu räumen und somit dem Schützenzug seinen Weg zu ebnen.
Quellen : Festschriften der Bruderschaft, Privat